Der Oberste Gerichtshof bejaht die Schadenersatzforderung einer Frau, die vor dem Eingriff nicht klar genug über die möglichen Folgen eines Tattoos aufgeklärt wurde. Die Entscheidung des Höchstgerichts zeigt, dass das Abfragen lediglich von Allergien einer Kundin zu wenig ist. Tätowierer müssen ihre Klienten über mögliche Risiken eines Tattoos aufklären.
Kundin wurde nicht über allfällige Risiken aufgeklärt, insbesondere nicht darüber, dass es zu allergischen und entzündlichen Hautreaktionen kommen könne
Die Dame ließ sich im Studio des Tätowierers eine Tätowierung stechen. Davor füllte sie ein Einwilligungsformblatt aus, in dem ua bekannte Allergien abgefragt wurden. Die bekannt gegebenen Allergien beurteilte der Tätowierer als nicht kontraindikativ. Vor der Tätowierung wurde die Kundin nicht über allfällige Risiken aufgeklärt, insbesondere nicht darüber, dass es zu allergischen und entzündlichen Hautreaktionen kommen könne. Wäre sie aufgeklärt worden, hätte sie eine Probestechung durchführen lassen und sich schlussendlich gegen die Tätowierung entschieden. In weiterer Folge kam es bei der Frau zu solchen Hautreaktionen, die ärztlich bzw. chirurgisch versorgt werden mussten.
Gefordert wurde Schadenersatz wegen fehlerhafter Aufklärung über die Risiken einer Tätowierung
Gemäß § 2 Abs 2 der Verordnung über Ausübungsregeln für das Piercen und Tätowieren durch Kosmetik-(Schönheitspflege)-Gewerbetreibende (BGBl II Nr 141/2003) ist jeder Tätowierer verpflichtet, den Kunden vor Erteilung dessen Einwilligung über die Risiken einer Tätowierung aufzuklären. Diese Aufklärung hat nach Abs 3 leg cit insbesondere auch die Möglichkeit allergischer oder entzündlicher Reaktionen zu umfassen. Da der Mitarbeiter des Tattoostudios dies unterlassen habe, haftet das Tattostudio für den Schaden der Kundin analog der Rechtsprechung zu fehlerhaften Einwilligungen in Arzthaftungsfällen.
Verpflichtung des Tätowierers, die zu tätowierende Person zu allergischen und entzündlichen Hautreaktionen aufzuklären
§ 2 (1) Das Piercen und Tätowieren bedürfen der rechtswirksamen schriftlichen Einwilligung der zu piercenden oder der zu tätowierenden Person. […]
(2) Vor Einholung der schriftlichen Einwilligung gemäß Abs. 1 sind die zu piercende Person, […], oder die zu tätowierende Person über die mit dem Piercen und Tätowieren verbundenen Risken aufzuklären. Eine schriftliche Bestätigung über die erfolgte Aufklärung hat zu erfolgen. Im Falle von Komplikationen nach dem erfolgten Pierc- bzw. Tätowiervorgang ist dem Betroffenen das Aufsuchen eines Arztes anzuraten.
(3) Eine Aufklärung hat insbesondere über die erforderliche Nachbehandlung der gepiercten bzw. tätowierten Körperregion, mögliche unerwünschte Reaktionen nach Vornahme des Piercings oder der Tätowierung wie allergische und entzündliche Reaktionen sowie die Möglichkeit zur Entfernung des Piercings und der Tätowierung sowie der damit verbundenen Gefahren zu erfolgen.
Einwilligung nur dann ausreichend, wenn der Erklärende in der Lage ist, die Risiken und die Tragweite des Eingriffs ausreichend zu überblicken
In seiner früheren Judikaturpraxis wurde vom Obersten Gerichtshof bereits klargestellt, dass es sich bei einer Tätowierung um einen Eingriff in die körperliche Integrität einer Person handelt, die ohne vorausgegangene ausreichende Erklärung der Person rechtswidrig ist und zu Schadenersatz berechtigt. Eine Einwilligung nur dann ausreichend, wenn der Erklärende in der Lage ist, die Risiken und die Tragweite des Eingriffs ausreichend zu überblicken, weshalb ein Eingriff ohne ausreichende Aufklärung rechtswidrig ist. Diese Grundsätze gelten allgemein und nicht nur für ärztliche Eingriffe.
Nach gesicherter Rechtsprechung ist eine Aufklärung jedenfalls über typische Risiken des Eingriffs geboten. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der allergischen Reaktion der Kundin wegen des Einsatzes der roten Tinte um ein typisches Risiko gehandelt hat, eine entsprechende Aufklärungspflicht des Tätowierers jedenfalls vertretbar bejaht.
OGH 4 Ob 115/18 t, 11.06.2018
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